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geplante Obsoleszenz

Was ist "geplante Obsoleszenz"?

In unserem Wirtschaftssystem ist alles auf wirtschaftlichen Gewinn, Produktionszuwachs und Steigerung aus. Leider sind die Bedürfnisse der Menschen bei vielen Waren irgendwann gestillt - die Absatzkurve würde bei Erreichen dieses Punktes nach unten gehen. Ab diesem Zeitpunkt werden nur noch die Waren neu gekauft, die aus irgendwelchen Gründen nicht mehr genutzt werden (können). Hoppla - dachten sich da die Wirtschaftsgrössen - da kann man doch nachhelfen...

Der Verbraucher muss irgendwie dazu gebracht werden, weiter zu kaufen - sonst dreht sich das Rad der Wirtschaft nicht weiter! Dass das auf Kosten der Umwelt (Ressourcenausbeutung, Produktionsprozessschäden und Müllerzeugung) und der Verbraucher (die müssen ständig neu bezahlen) geht, spielt dabei keine Rolle. Ganz oben stehen Absatz und Gewinn - dann kommt eine ganze Weile gar nichts. Die Interessen der Verbraucher und der Umwelt stehen kontrovers zu den Interessen der Wirtschaft!


Wie kann man den Verbraucher "zum Verbrauchen zwingen"?

 Es gibt mehrere Ansätze, die alle auf dieses Ziel hin arbeiten:

1) Die Werbung redet dem Verbraucher ein, dass das "neue Modell", die "neue Modeserie" viel besser ist als das alte. Es werden Bedürfnisse in den Menschen geweckt, die von ihnen aus sehr wahrscheinlich gar nicht entstanden wären. Als Folge fühlen sich die Verbraucher dazu gezwungen, neu zu kaufen (psychische Obsoleszenz). Die "alten Waren" sind fast alle noch in Ordnung und nutzbar - wandern aber trotzdem auf den Müll.

2) Gerade im Softwaresektor kann durch gegenseitige Abhängigkeiten dafür gesorgt werden, dass neu gekauft wird. Ich führe hier mal exemplarisch zwei Beispiele an:

(a) Smartphones mit "Android" wären theoretisch fast alle in der Lage, mit dem neuesten "Android" zu funktionieren. "Android" hat als Basis den Linux-Kernel, und dessen Hardwareansprüche sind nicht gewachsen. Ein Smartphone mit "Android 2.1" wäre also auch in der Lage, mit dem nagelneuen "4.0" zu laufen - wenn die Hersteller Updates zur Verfügung stellen würden. Sie tun das nicht, weil sie ihre neuen Modelle verkaufen wollen. Würden sie für die älteren Geräte Updates zur Verfügung stellen, würden sie ihren eigenen Neuverkauf torpedieren...

(b) Kommerzielle Betriebssysteme versetzen die Nutzer in Abhängigkeiten. Oft ziehen neue Versionen von Nutzerprogrammen (Office etc.) auch eine neuere "Basis" des Betriebssystems nach sich - und das braucht mehr Ressourcen (das alte Gerät ist dann "zu langsam" oder es gibt keine Treiber mehr dafür). Hier wehrt sich die Gemeinschaft aller Menschen der Erde schon sehr erfolgreich, indem sie ein freies Betriebssystem entwickelt haben (GNU mit Linux-Kernel), das ein ganz klarer Gegenpart zu geplanter Obsoleszentz ist. Nur der Werbung ist es zu verdanken, dass die meisten Menschen in den Glauben gezwungen werden, sie bräuchten kommerzielle Betriebssysteme und Software.

In der Folge wandern sehr viele Geräte aus dem IT-Bereich und aus dem Handy/Smartphone-Sektor auf dem Müll, obwohl sie völlig intakt sind.

3) Es werden bewusst Materialien eingesetzt, deren Lebenserwartung nicht so hoch ist, wie sie es sein könnte. Oft werden hier Argumente wie "andere Materialien würden das Produkt verteuern" angeführt - aber wer genau hinschaut, würde feststellen, dass die Verteuerung wohl jeder Käufer zahlen würde, weil er das Produkt dann ein paar Jahre länger nutzen könnte. Durch diese künstliche Beschränkung wird die Lebensdauer gegen besseres Wissen nicht optimal ausgelegt.

4) Viele elektronische Geräte haben absichtliche "Konstruktionsfehler", wodurch die Geräte gezielt ausfallen. Reparaturen werden vom Hersteller (wenn überhaupt) verglichen mit Neugerätepreisen nur zu völlig unangemessenen Kosten angeboten. Hier tummeln sich viele freie Dienstleister auf dem Markt, die den Herstellern natürlich ein Dorn im Auge sind, da sie die Produktlebenszyklen verlängern und damit den Neuverkauf blockieren. Diese "Konstruktionsfehler" können passiv und aktiv sein. Bedeutet: man kann etwas technisch notwendiges einfach "vergessen" oder "aus Kostengründen weglassen" (passiv) oder, es werden Festigkeiten von Kuststoffen durch chemische Zugaben verringert, oder die Lebensdauer wird von der Software gemessen und irgendwann wird das Gerät einfach "lahmgelegt" (aktiv).

5) Staatliche Verordnungen zwingen Verbraucher dazu, intakte Waren zu vernichten und durch neue zu ersetzen. Häufig werden dazu moralisch gut klingende Deckmäntel ("Umweltschutz", "Energieeinsparungen" etc.) verwendet, die die Verbraucher in der Überzeugung lassen, sie würden mit diesem Handeln etwas Gutes für sich, die Umwelt und den Planeten tun. Bei genauerem Hinsehen kommen hier aber starke Zweifel auf, ob das das wahre Argument war/ist.... Stichworte "Abwrack- (Umwelt)-prämie", "Glühbirnenverbot". Zusätzlich ist hier bedenklich, dass sich Organisationen mit politischer Tätigkeit (Regierungen. EU-Behörden) in wirtschaftliche Bereiche einmischen und damit Wirtschaft und Politik verquicken.

6) Auch durch (verbotene) Absprachen der Produzenten kann der Verkauf angekurbelt werden. Ein legendäres Beispiel dafür ist das Phoebus-Kartell (Quelle), bei dem Glühlampenhersteller aus aller Welt 1924 (!!) beschlossen, dass die Lebensdauer einer Glühlampe künstlich auf 1000 Stunden beschränkt wird.

7) Ein völlig legales Mittel ist dagegen der missbräuchliche Einsatz von Patenten. Wenn es auf eine neue Technologie, die die Lebensdauer eines Produktes verlängern würde, ein Patent gibt, der Patentinhaber dieses Patent aber nicht einsetzt, so kann er die Nutzung der patentierten Technologie auch für Konkurrenten sperren. Aus bestimmtem Blickwinkel betrachtet kann ein Patent dazu dienen, ein Kartell (eigentlich verboten) zu legalisieren.... Nicht allen Konkurrenten kommt es nämlich so völlig ungelegen, dass die alte Technologie, an der es noch so viel zu verdienen gibt, nicht durch neue, langlebige ersetzt wird.

Hier gibt es weiterführende Informationen zu diesem Themenbereich: 

 

Kaufen für die Tonne (Bayerisches Fernsehen on3-südwild, 27.09.2011), ca. 6:40 Minuten



Kaufen für die Müllhalde, Dokumentarfilm arte, ca. 1:15 Stunden



...und hier die Auswirkungen am anderen Ende der Kette: "die story" - Blutige Handys, Dokumentarfilm 3sat, ca. 42 Minuten



Energiesparlampen - aus einem anderen Blickwinkel betrachtet

Link zur DVD "Bulb Fiction"


Es gibt auch Denkansätze, die die Richtung ändern. Diese werden zur Zeit von deutschen Politikern, Behörden und deren abhängigen Wissenschaftlern allerdings zer- oder kleingeredet, ignoriert und totgeschwiegen, während andere Länder wie die USA, die Niederlande und Dänemark schon kräftig handeln. Ironischerweise kommen die Denkansätze aber aus Deutschland!!! Nie mehr Müll - Leben ohne Abfall (cradle to cradle, Konzept von Michael Braungart) Dokumentarfilm 3sat, ca. 44 Minuten

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